Transport
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Tim Brand, Alfred Angerer (V01)
Einleitung
Transport ist eine der sieben Verschwendungen des Muda-Konzeptes. Es beschreibt die Verschwendungen durch unnötige und lange Transportwege von Material, Tests, Patientinnen und Patienten sowie Informationen zwischen den einzelnen Arbeitsorten bzw. Prozessschritten (Manos, Sattler & Alukal, 2006).
Leitfragen für die Praxis
Dieser Artikel befasst sich hauptsächlich mit der Frage, wie überflüssige Transporte von Material, Patientinnen und Patienten als auch von Informationen durch eine Anpassung der Prozesse und der Arbeitsorte vermieden werden können. Beispielhafte Praxisfragen wären:
- Wie können lange Transporte der Patientinnen und Patienten zwischen den Abteilungen vermieden werden?
- Wo wird das Verbrauchsmaterial auf der Station am besten gelagert?
- Wie können Ressourcen aus der Optimierung der Transportflüsse für die Patientinnen und Patienten eingesetzt werden?
Detailbeschreibung des Konzepts
Für die Behandlung von Patientinnen und Patienten wird üblicherweise viel Material benötigt (zum Beispiel Arzneimittel, Chemikalien, Implantate, Einwegmaterialien). Deshalb sollten die Positionierung und Verwaltung des Materials auf die täglichen Prozesse abgestimmt sein. Sind die Materialien an ungünstigen Orten gelagert, wirkt sich das direkt auf die Zeit aus, die das Personal mit dessen Beschaffung benötigt. Gleichzeitig führt ein ungenügendes Bestandsmanagement dazu, dass Materialien umständlich gesucht werden müssen oder sogar fehlen. Daraus ergibt sich, dass dem Personal viel Zeit für die Behandlung verloren geht. Deshalb sollten die Transportwege von Material im Spital optimiert werden.
Auch Patientinnen und Patienten sind während ihres Spitalaufenthalts mit dieser Art von Verschwendung konfrontiert. Sie durchlaufen während ihrer Behandlung verschiedene Stationen und müssen dabei teilweise lange Strecken innerhalb des Spitals oder gar zwischen verschiedenen Gebäuden zurücklegen. Da das Ziel eines jeden Spitals die Patientenorientierung sein sollte, muss darauf geachtet werden, dass die Wege möglichst kurz sind.
Zudem muss dafür gesorgt werden, dass auch Informationen wie Patientendossiers jederzeit gut erreichbar sind und dass der zeitliche Aufwand für deren Beschaffung minimiert wird.
Praxisempfehlungen
Da Materialtransporte oft eng mit den Laufwegen des Personals verknüpft sind, können diese beiden Arten von Verschwendungen häufig gemeinsam beseitigt werden. Demnach finden sich hier Überschneidungen dem Konzept „Transport“. Zusätzlich bieten sich Konzepte des Bestandsmanagements an, um die bestehenden Verschwendungen zu minimieren. Einige typische Tools, die bei der Optimierung von Transportwegen zum Einsatz kommen, sind nachfolgend aufgelistet:
- Swimlane- und Wertstromdiagramme helfen bei der Visualisierung von Prozessen. Dadurch werden unter anderem Verschwendungen durch unnötige und lange Transportwege deutlich.
- Fishbone-Diagram und 5-Why eigenen sich dazu, die Gründe für solche Verschwendungen zu identifizieren. Dabei werden die Gründe für ein Problem im Sinne einer Root-Cause-Analyse systematisch aufgedeckt. Anschliessend lassen sich Lösungsvorschläge erarbeiten.
- Durch ein Spaghetti-Diagramm können die Wege von Material und Patientinnen und Patienten auf Basis eines Grundrisses des Arbeitsplatzes skizziert und verdeutlicht werden. Im Anschluss lässt sich anhand des Diagramms erarbeiten, wie sich die Arbeitsabläufe optimieren lassen. Dabei kann zum Beispiel eine alternative Raumbelegung auf der Station erarbeitet werden, die sowohl Transportwege des Materials als auch die der Patientinnen und Patienten verkürzt.
Welche Vorbereitungen müssen getroffen werden?
Grundsätzlich sollte über die Positionierung des Materiallagers nachgedacht werden, um die Laufwege beim internen Transport des Materials zu minimieren. Zudem ist festzulegen, wo verschiedene Materialkategorien gelagert werden müssen. Hier eignet sich je nach Materialtyp und Nutzungshäufigkeit beispielsweise eine zentrale oder dezentrale Lagerung. Daher ist es zum Beispiel sinnvoll, häufig verwendete Materialien im Patientenzimmer oder auf mobilen Pflegewagen zu positionieren, statt diese in einem zentralen Stationslager zu lagern. Weiterhin kann auch über die grundsätzliche Struktur der klassischen Spitallogistik nachgedacht werden. Spitäler weisen in der Regel grosse Materialbewegungen vom Zentrallager zu den vielen einzelnen Stationslager auf. Einige Spitäler haben begonnen, das Paradigma der zwei Lagerorte in Frage zu stellen und arbeiten an der kompletten Auflösung des Zentrallagers. Die Lieferanten würden somit direkt an die Stationslager liefern. Der Weg zwischen Zentrallager und Stationslager entfällt in einer solchen Struktur komplett. Bei einem Spital der Grösse des Kantonspital St. Gallen würde das bedeuten, dass auf die zentrale Lagerung von ca. 2000 verschiedenen Artikeln verzichtet werden könnte (Gehlhaar, 2010).
Transportwege an den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten anpassen
Echte Patientenorientierung im Spital bedeutet, dass die Prozesse an Patientinnen und Patienten so gestaltet werden, dass unnötige Transportwege vermieden werden. Dadurch werden den Patientinnen und Patienten zusätzliche Anstrengungen und Unannehmlichkeiten erspart. Es sollte versucht werden, die Wege durch das Spital zu verkürzen oder entsprechende Leistungen direkt bei den Patientinnen und Patienten durchzuführen. Das Konzept „alle Leistungen zum Patienten“ kommt sowohl der Gesundheit der Patientinnen und Patienten als auch der Patientenzufriedenheit zugute.
Für ein bestehendes Spital müssen Transporte im Rahmen der gegebenen Räumlichkeiten optimiert werden. Zukünftig muss bei der Planung eines neuen Gebäudes oder einer neuen Abteilung das Ziel sein, die Transportwege von vornherein zu minimieren (Walker, Vetterli & Lenherr, 2015; Graban, 2011). Da Transporte nie komplett entfallen können, sollte auch darüber nachgedacht werden, welche Berufsgruppe die Durchführung der Transporte übernehmen soll. Eine gut ausgebildete und entsprechend teure Pflegefachperson sollte beispielsweise keine logistischen Aufgaben übernehmen (Stichwort Skill-Grade-Mix).
Für die Vermeidung von Out-of-Stock-Situationen, d.h. dem Fehlen von Materialien, weil zum Beispiel eine Nachbestellung zu spät stattgefunden hat, kann ein sogenanntes Kanban-System verwendet werden. Dieses dient dazu, mithilfe von einfachen Merkmalen zu signalisieren, wenn eine Auffüllung des Materials notwendig ist (Dickmann, 2008).
Die Grundprinzipien des Transports kommen in den unterschiedlichen Flüssen der Medizin vor. Es ist wichtig, dass für die Lösung pro Fluss Standards eingehalten werden und sich die jeweilige Transportlogik dem jeweiligen Flussprinzip unterordnet.
Bitte zitieren Sie diese Quelle wie folgt:
Brand, T. & Angerer, A. (2016). Transport. In A. Angerer (Hrsg.), LHT-BOK – Lean Healthcare Transformation Body of Knowledge, Version 1.0. Winterthur. Abgerufen von www.leanhealth.ch
Literatur
Dickmann, P. (2008). Schlanker Materialfluss: mit Lean Production, Kanban und Innovationen. Springer.
Gehlhaar, M. (2010). Projekt LOGISTIK 2010 – Kantonsspital St.Gallen. GS1 OnSpot Event, St.Gallen.
Graban, M. (2011). Lean Hospitals: Improving Quality, Patient Safety, and Employee Engagement. 2. Auflage. Productivity Press.
Graban, M. & Swartz, J. E. (2012). Healthcare Kaizen: Engaging Front-Line Staff in Sustainable Continuous Improvements. Boca Raton: Productivity Press.
Manos, A., Sattler, M. & Alukal, G. (2006). Make Healthcare Lean. Quality Progress, 39(7), 24–30.
Walker, D., Vetterli, C. & Lenherr, I.(2015). Die Chance Krankenhausneubau. In: D. Walker (Hrsg.). Lean Hospital – das Krankenhaus der Zukunft. Berlin: MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.
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