Photovoltaik Potenzial auf Dachflächen in der Schweiz
Die Forschungsgruppe Erneuerbare Energien hat im Auftrag des Bundesamtes für Energie das Photovoltaik-Potenzial auf Schweizer Dachflächen neu bewertet. Unter Verwendung von Daten von Sonnendach.ch und einer repräsentativen Stichprobe an fiktiven Modulbelegungen auf Dachflächen wurde ein Gesamtpotenzial von 53,6 TWh pro Jahr ermittelt. Dies liegt im oberen Bereich bisheriger Studien.
Herausforderung
Das Potenzial zur Stromproduktion mittels Photovoltaik auf Dächern in der Schweiz wurde in diversen Studien ermittelt. Die Potenzialschätzungen gehen mit 16 bis 53 TWh pro Jahr weit auseinander. Ein Grund für diese grosse Spannweite besteht in unterschiedlichen Annahmen zum für Photovoltaik nutzbaren Anteil der Dachflächen.
Vorgehen und Ziele
Die vorliegende Untersuchung ermittelt die für Photovoltaik nutzbaren Flächenanteile auf Schweizer Dächern. Dabei wird zwischen Flach- und Steildächern unterschieden und eine Kategorisierung anhand der Grösse von Dachflächen vorgenommen. Der mittlere, für Photovoltaik nutzbare, Anteil der Dachflächen wird für jede Kategorie ermittelt. Dazu wird eine randomisierte Stichprobe pro Dach-Kategorie aus dem Datensatz von Sonnendach.ch gezogen. Es werden Dachflächen berücksichtigt, die "gut", "sehr gut" oder "hervorragend" geeignet sind (Einstrahlung ≥ 1000 kWh/m2/a).
Resultate
Von total 644 km2 Dachflächen in der Schweiz eignen sich 440 km2 (68 %) aufgrund der Einstrahlung und ihrer Grösse für Photovoltaik Anlagen. Davon lassen sich 60 % (± 2 % Unsicherheit) der Flächen mit Photovoltaikmodulen belegen. Dies entspricht einer maximalen Modulfläche von 264 km2 (± 9 km2). Der für Photovoltaik nutzbare Dachflächenanteil ist bei Steildächern mit 63 % höher als bei Flachdächern mit 53 %. Abbildung 1 zeigt den mittleren nutzbaren Dachflächenanteil, unterteilt in Flach- und Steildächer sowie verschiedene Dachgrössen. Bei Steildächern zeigt sich generell ein höherer nutzbarer Flächenanteil als bei Flachdächern.
Insbesondere bei den Steildächern nimmt der für Photovoltaik nutzbare Flächenanteil mit steigender Dachgrösse zu. Für Steildächer > 300 m2 liegt er beispielsweise im Schnitt bei 81 %, wogegen bei Steildächern mit 20-50 m2 Fläche lediglich 57 % der Fläche genutzt werden können. Der Effekt der Dachgrösse zeigt sich in der Tendenz auch bei Flachdächern, wo er jedoch weniger stark ausgeprägt ist.
Werden die nutzbaren Flächenanteile auf alle potenziell für Photovoltaik geeigneten Dachflächen in der Schweiz angewendet, ergibt sich bei einem Modulwirkungsgrad von 20 % und einer Performance Ratio von 80 % ein Ertragspotenzial von 53.6 TWh/a (± 1.9 TWh/a). Das Potenzial basiert auf den zum Zeitpunkt der Studie verfügbaren Einstrahlungsdaten und Daten zum Gebäudepark von Sonnendach.ch. Dieses Potenzial ergibt sich durch den Ausschluss von kleinen Dachflächen (20 m2 bei Steildächern und 50 m2 bei Flachdächern) und Flächen mit geringer Einstrahlung (Eignung) sowie der Reduktion durch den nutzbaren Flächenanteil von Dächern (Abbildung 2).
Zum Potenzial auf Dachflächen tragen die Steildächer mit 38.4 TWh/a (± 1.2 TWh/a) wesentlich mehr bei als die Flachdächer mit 15.2 TWh/a (± 0.6 TWh/a). Dies ist neben den nutzbaren Dachflächenanteilen primär darauf zurückzuführen, dass die Flächensumme aller geeigneten Steildächer mit 294 km2 rund doppelt so gross ist, wie jene der geeigneten Flachdächer mit 147 km2. Die Potenziale für Flach- und Steildächer sind in Abbildung 3 grafisch dargestellt.
In früheren Potenzialstudien wurde mit einem Modulwirkungsgrad von 17 % gerechnet. Bei der hier angewendeten Methode wäre mit diesem Wirkungsgrad ein Potenzial von 45.6 TWh/a (± 1.6 TWh/a) zu erwarten. Durch den höheren Modulwirkungsgrad von 20 % wird der technologische Fortschritt berücksichtigt. Eine Degradation der Module ist nicht berücksichtigt, da eine weitere Steigerung des Wirkungsgrads diesen Effekt kompensieren kann.
Bei den Flachdächern tragen die grössten Dachflächen (> 300 m2) am meisten zum Potenzial bei. Dies ist durch sehr grosse Flächen, wie sie bei Industriegebäuden vorkommen können, zu erklären. Bei den Steildächern besteht das grösste Potenzial in der Grössenkategorie 50-150 m2. Das Ertragspotenzial pro Dachkategorie (Dachart und Dachgrösse) ist der Abbildung 4 zu entnehmen.
Bei einer vollständigen Ausschöpfung des Potenzials würden ca. 95 % der Gebäude in der Schweiz auf mindestens einer Dachfläche über eine PV-Anlage verfügen. Diese komplette Ausschöpfung würde bei heutigem Preisniveau zu Investitionskosten von 83 Milliarden Franken führen, wobei 19 Milliarden Franken durch die Einmalvergütung gefördert würden. Aufgrund der anzunehmenden Kostenreduktion für PV-Anlagen in Zukunft werden sich die Investitionskosten bei linearem Ausbau bis 2050 jedoch auf ca. 58 Milliarden Franken reduzieren, wovon 13 Milliarden durch die Einmalvergütung gedeckt würden.
Zur Erreichung des Zielwerts von 34 TWh/a Strom aus Photovoltaik gemäss den Energieperspektiven 2050+ (Szenario ZERO Basis) wären Investitionen von 53 Milliarden Franken nötig (40 Milliarden Franken bei zukünftigem Preisniveau) wovon 13 Milliarden Franken (9 Milliarden Franken bei zukünftigem Preisniveau) an Einmalvergütungen anfallen würden. Die Gestehungskosten des Stroms der PV-Anlagen auf den Dachflächen betragen bei heutigem Preisniveau 4 bis 14 Rp./kWh (Abbildung 5). Rund zwei Drittel des Potenzials (34.9 TWh/a) kann zu Gestehungskosten von maximal 6.5 Rp./kWh erschlossen werden.
Die Ausschöpfung des ermittelten Flächenpotenzials wurde an einer zusätzlichen Stichprobe mit 226 Gebäuden ermittelt. Auf diesen Gebäuden wurde zwischen 2017 und 2021 eine PV-Anlage installiert. Diese Untersuchung zeigt, dass durchschnittlich rund die Hälfte der hier ermittelten Flächenpotenziale (49 %) beim Bau von PV-Anlagen ausgeschöpft wurden. Insbesondere bei Gebäuden mit grossen Dachflächen wurde häufig nicht die gesamte Fläche für eine PV-Anlage genutzt. Der Hauptgrund für den Bau kleinerer Anlagen wird in der bisherigen Förderpraxis mit Einmalvergütungen vermutet, welche den Eigenverbrauch von PV-Strom wirtschaftlich attraktiver macht als die Rücklieferung an das Energieversorgungsunternehmen.
Abbildung 6 zeigt die grosse Variabilität in der Ausschöpfung des Potenzials pro Dachfläche. Ausschöpfungen über 125 % sind hauptsächlich auf die Nutzung von Dachflächen mit einer geringen Einstrahlung (< 1000 kWh/m2/a) zurückzuführen, welche gemäss der hier angewendeten Methode als nicht geeignet betrachtet werden.