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Life Sciences und
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Agri-Photovoltaik könnte fünf Mal mehr Strom liefern als die Schweiz braucht

Das theoretische Potenzial der Agri-Photovoltaik ist in der Schweiz fünf Mal grösser als der heutige Strombedarf, wie ZHAW-Forschende ermittelt haben. Die Kombination mit der Stromproduktion bietet der Landwirtschaft grosse Chancen, um dem Klimawandel zu begegnen und aus der Stromproduktion zusätzliche Erträge zu erzielen.

Hafer-Ackerbohnengemenge unter Solarmodulen, Foto: Mareike Jäger, ZHAW

Getreide, Obst oder Gemüse ernten und darüber oder dazwischen Strom produzieren: Agri-Photovoltaik bezeichnet die Kombination von landwirtschaftlicher Produktion mit der Stromgewinnung durch Photovoltaik. ZHAW-Forschende in Wädenswil haben das theoretische Potenzial für die Stromproduktion mit Agri-Photovoltaik in der Schweiz neu ermittelt: Dieses beträgt mehr als 300 Terawattstunden – und ist somit fünf Mal so gross wie der heutige Strombedarf der Schweiz. Dies wurde im Rahmen des EDGE-Projektes ermittelt, das durch das Förderprogramm SWEET «SWiss Energy research for the Energy Transition» des Bundesamts für Energie gefördert wird.

Vorteile für die Landwirtschaft
Das mit Abstand grösste theoretische Potenzial für Agri-Photovoltaik besteht auf offenen Ackerflächen (225 Terawattstunden pro Jahr), gefolgt von Grasland und Weideflächen mit 85 Terawattstunden pro Jahr. Das kleinste theoretische Potenzial von 13 Terawattstunden pro Jahr umfasst die Kombination mit Dauerkulturen wie Reben, Obstanlagen oder Beerenkulturen. Mit 6 bis 8 Rappen pro Kilowattstunde sind die Gestehungskosten des Stroms tief. Der Winterstromanteil ist sogar leicht höher als bei Photovoltaik-Anlagen auf Dächern im Mittelland, weil bifaziale Module eingesetzt werden, welche die Einstrahlung beidseitig für die Stromproduktion nutzen.

Angesichts des Mangels an praktischer Erfahrung in der Schweiz über die Vorteile des Einsatzes von PV für die landwirtschaftliche Produktion wurden nur wenige Einschränkungen hinsichtlich der Art der Kulturen gemacht, die auf dem PV-Acker angebaut werden können. Das berechnete Potenzial stellt daher ein maximales theoretisches Potenzial dar, während das praktische Potenzial weitaus geringer sein kann. Die positiven Auswirkungen auf die Landwirtschaft müssen nachgewiesen werden, bevor ein Roll-out dieser Art von Anlagen empfohlen werden kann, denn nach geltendem Recht soll Agri-Photovoltaik die landwirtschaftliche Produktion nicht schwächen oder gar verunmöglichen. 

Einigen Studien deuten darauf hin, dass die landwirtschaftliche Produktion im Gegenteil von der Kombination mit Photovoltaik-Anlagen profitieren soll: Werden Photovoltaik-Module senkrecht auf Gras-, Weide- oder Ackerland montiert, so kann die Erosion der Böden und in heissen Sommern die Verdunstung beziehungsweise das Austrocknen der Kulturen reduziert werden. Weidetiere finden im Schatten der Module Schutz vor der Hitze. Wenn die Module oberhalb der landwirtschaftlichen Kulturen angeordnet werden, zum Beispiel über Gemüse oder Reben, sind die Kulturen vor Starkregen geschützt und das Wasser kann für eine Bewässerung bei Trockenheit gesammelt werden. Zudem zeigen erste Versuche der ZHAW, dass bei Reben der Befall mit bestimmten Pilzkrankheiten abnimmt, sodass Pflanzenschutzmittel eingespart werden können. 

Ergänzung zu Anlagen auf bestehenden Infrastrukturen
Die Einflüsse auf die landwirtschaftliche Produktion können laut Mareike Jäger, Dozentin für Regenerative Landwirtschaftssysteme an der ZHAW, sehr vielfältig sein. «Mit unserer Forschung möchten wir diese Einflüsse auf die Schweizer Landwirtschaft genauer analysieren und quantifizieren. Dank der wissenschaftlich fundierten und zielgerichteten Nutzung von Agri-Photovoltaik lassen sich sinnvolle Synergien nutzen.» 

Agri-Photovoltaik soll keine Konkurrenz und erst recht kein Ersatz von Photovoltaik-Anlagen auf Dächern sein, sondern eine sinnvolle Ergänzung. «Der Ausbau der Photovoltaik erfolgt in der Schweiz bisher viel zu langsam, deshalb müssen wir zusätzlich zu Dachanlagen auch Photovoltaik-Anlagen in Kombination mit landwirtschaftlicher Produktion und in den Alpen bauen. Bereits die Nutzung eines kleinen Teils des theoretischen Potenzials genügt, um den Ausbau zu beschleunigen. Die Landwirtschaft kann damit einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten und gleichzeitig profitieren», ergänzt Jürg Rohrer, Dozent für Erneuerbare Energien an der ZHAW.

Die in dieser Publikation veröffentlichten Forschungsarbeiten wurden mit Unterstützung des Schweizerischen Bundesamtes für Energie im Rahmen des SWEET-Konsortiums EDGE durchgeführt. Die Autorinnen und Autoren tragen die alleinige Verantwortung für die in dieser Veröffentlichung dargestellten Ergebnisse und Schlussfolgerungen.

⇒ «Potenzialabschätzungen für Agri-PV in der Schweizer Landwirtschaft»

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Fachkontakt

  • Prof. Jürg Rohrer, Leiter Forschungsgruppe Erneuerbare Energien, Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen, ZHAW-Departement Life Sciences und Facility Management. Tel. 058 934 54 33, E-Mail juerg.rohrer@zhaw.ch
  • Mareike Jäger, Leiterin Forschungsgruppe Regenerative Landwirtschaftssysteme, Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen, ZHAW-Departement Life Sciences und Facility Management. Tel. 058 934 58 95. E-Mail mareike.jaeger@zhaw.ch 

Medienkontakt

  • Beatrice Huber, Media Relations ZHAW-Departement Life Sciences und Facility Management, Tel. 058 934 53 66, E-Mail beatrice.huber@zhaw.ch