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Life Sciences und
Facility Management

Informieren statt moralisieren

Gesellschaftliche Aufklärung ist die Voraussetzung für nachhaltige Entscheidungen. Die Erkenntnisse aus der Wissenschaft auf spielerische Art zu vermitteln, ist Isabel Jaislis Steckenpferd. Ein Artikel aus der Impact-App.

Isabel Jaisli ist Leiterin der Forschungsgruppe Geography of Food.

Der Blick über den Tellerrand ist ein zentrales Thema für Isabel Jaisli – nicht erst, seit sie sich intensiv mit Ernährungsfragen beschäftigt. Die Umweltbiologin und Agrarwissenschaftlerin geht komplexen Themen gerne von allen Seiten auf den Grund. Seit 2012 ist sie am Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen tätig. Sie doziert, sie forscht, sie leitet Projekte – und ist begeistert von der Vielseitigkeit ihres Alltags. Vor Kurzem hat sie die Leitung der Forschungsgruppe Geography of Food übernommen. Diese untersucht Themen rund um die landwirtschaftliche Produktion und die Wertschöpfungsketten von Lebensmitteln. Zuvor arbeitete Jaisli in verschiedenen Bereichen der Umweltberatung und Entwicklungszusammenarbeit und betreute dabei Projekte weltweit. «Eine Fragestellung mit dem internationalen Blick zu betrachten, hilft sehr dabei, zu erkennen, dass es neben der eigenen Wahrheit auch andere Wahrheiten gibt», ist Jaisli überzeugt. «Dies aufzuzeigen und das kritische Denken zu schulen, ist für mich in der Lehrtätigkeit zentral.»

Lokal oder global

Sie doziert im Bachelormodul Welternährungssysteme sowie im Mastermodul Agro Food Systems. Bei beiden geht es um internationale Zusammenhänge rund um Ernährungssysteme. Daneben entwickelt sie gerne Strategien, um wissenschaftliche Erkenntnisse einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ohne dabei als Moralapostel aufzutreten. «Bei Ernährungsfragen gibt es immer Zielkonflikte, zum Beispiel nachhaltig produzieren versus mehr produzieren. Eine Steigerung der Produktion geht meist mit negativen Umweltauswirkungen einher – aber dennoch hat Ernährungssicherheit für mich Priorität. Das Richtige zu tun, ist aber immer ein Abwägen und Optimieren im Hinblick auf ein bestimmtes Ziel.» Und dies im Grossen wie im Kleinen. Jaisli lehnt es daher ab, anderen Leuten Vorschriften zu der Ernährung zu machen. Wichtiger erscheint ihr, dass man sich bei seinen Ernährungsentscheidungen an Fakten statt an Emotionen orientiert. «Die Meinungen zur Ernährung sind meist emotional gefärbt, ohne faktische Basis. Ein Beispiel ist die Ansicht, lokal produzierte Lebensmittel seien immer die nachhaltigste Wahl. Da spielt wohl die Werbung mit. Die Landidylle mit Schweinchen, die sich auf satten grünen Wiesen tummeln, entspricht aber nur selten der Realität», gibt sie zu bedenken. «Localness ist nicht das A und O der Nachhaltigkeit. Der Transport von Lebensmitteln macht in vielen Fällen nur einen geringen Teil der Umweltbelastung aus. Wichtiger ist zum Beispiel, Produkte in der passenden Klimaregion anzubauen und nicht in einem Gewächshaus.» Vielen sei es nicht bewusst, dass die verschiedenen Aspekte der Nahrungsmittelproduktion nicht Hand in Hand gehen: Ist die Ressourceneffizienz optimiert, sind die Arbeitsbedingungen für die Produzierenden nicht unbedingt fair oder das Tierwohl garantiert. Darum plädiert Jaisli dafür, dass man sich darüber klar sein soll, wo die eigenen Prioritäten liegen, sich informiert und seinen Konsum entsprechend gestaltet. «Es gibt nichts, was ich konsequent ablehne. Ich bin wohl das typische Beispiel einer Flexitarierin.»

 

«Das «A» in ZHAW liegt mir besonders. Eine reine Forschungstätigkeit wäre mir zu einseitig»

Isabel Jaisli

Ökobeichtstuhl

«Das «A» in ZHAW liegt mir besonders», lacht Jaisli. «Eine reine Forschungstätigkeit wäre mir zu einseitig.» Sie sieht sich lieber in der Rolle der Vermittlerin von wissenschaftlichen Erkenntnissen, die Projekte auf die Beine stellt. Mit viel Engagement leitet sie die Geography of Food Summer School, die das Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen jährlich zusammen mit zwei Instituten aus Indien und Slowenien organisiert. «Der internationale Austausch ist genial und für die Studierenden enorm wichtig.» Ein besonders erfolgreiches Projekt, das sie geleitet hat, ist der Ökobeichtstuhl: eine begehbare Box, in der die Besucher mit einer interaktiven Software ihr Alltagsverhalten auf den Prüfstand stellen können. In Anlehnung an die biblischen Todsünden wählt man dabei aus sieben Aussagen jene aus, welche auf einen zutrifft, etwa «Ich bin zum Shopping nach NY geflogen» oder «Ich esse auch im Winter Tomaten». Die Software zeigt darauf mit einem Augenzwinkern die Umweltauswirkungen des Verhaltens auf und macht Vorschläge, wie das Verhalten kompensiert werden kann. Die Angaben beruhen auf Berechnungen der Forschungsgruppe Ökobilanzierungen. Während der Projektdauer konnte der Beichtstuhl für Veranstaltungen gemietet werden. Rasch erfreute er sich grosser Beliebtheit und wurde von Schulen, Firmen oder für Festivals gemietet. Die Rückmeldungen von Betreibern sowie von der Öffentlichkeit fielen äusserst positiv aus. Mittlerweile steht der Beichtstuhl in der Umwelt Arena Spreitenbach als Dauerexponat.

Autorin: Sara Blaser

Ökobeichten können aber auch weiterhin online unter www.oekobeichtstuhl.ch abgelegt werden.

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