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Nachhaltigkeit und Energie in der Lebensmittelkette

Die Wädenswiler Lebensmitteltagung vom 14. November 2013 war dem Bereich «Nachhaltigkeit und Energie» gewidmet, Themenkreise, denen sich heute niemand mehr entziehen kann. So liessen sich rund 200 Teilnehmende von den elf Referenten auf den neusten Wissensstand bringen.

Der Historiker und Energieforscher Daniele Ganser und der Ernährungswissenschaftler Karl von Koerber starteten als Keynote Speaker mit der globalen Sicht. Mit unserem heutigen Lebensstil müsste die landwirtschaftliche Produktion bis 2050 um 60% gesteigert werden, um die dannzumal 9 Milliarden Menschen zu versorgen. Das ist nicht möglich, nachhaltiges Handeln deshalb ein Muss. Auch wenn wir in der westlichen Welt momentan sehr gut leben, können uns Ressourcenverknappung, Klimawandel, steigende Rohstoffpreise und Ernährung der Weltbevölkerung nicht unberührt lassen. Einleitend packte Daniele Ganser das Publikum mit der Sicht des Historikers auf aktuelle Entwicklungen im internationalen Energiemarkt. Er zeigte, wie immer mehr Länder zu Nettoimporteuren von Energie werden. Das kann längerfristig nicht aufgehen. Die westliche Welt opfert ihrem Energiehunger sogar ihre Nahrungsgrundlage. Fossile Ressourcen wie Erdöl und Gas werden mit Sicherheit knapper, auch wenn neue, aufwändige Technologien Hoffnung auf zusätzliche Erträge schüren. Daniele Gansers Fazit: Verlassen wir die nicht erneuerbaren Energiequellen bevor sie uns verlassen.

Nachhaltigkeit in der Ernährung notwendig

Karl von Koerber von der Technischen Universität München lenkte die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden auf die globalen Herausforderungen der Welternährung. Fast eine Milliarde Menschen können ihre Grundnahrungsbedürfnisse nicht decken. Um Nahrungssicherheit zu gewährleisten, ist eine Entwicklung in Richtung nachhaltiger Ernährung notwendig. Konsumentinnen und Konsumenten können hierzu beitragen, indem sie ihre Ernährungsweise ändern und sich an die sieben Grundsätze der nachhaltigen Ernährung halten: Produkte bevorzugen, die ökologisch, regional und saisonal, möglichst wenig verarbeitet, fair gehandelt, ressourcenschonend, genussvoll und bekömmlich sind. Aber auch die Lebensmittelindustrie ist gefragt. Claudia Müller vom ZHAW-Institut für Lebensmittel- und Getränkeinnovation machte in ihrem Vortrag deutlich, dass die Lebensmittelbranche eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung spielt, da dies ökonomische, ökologische und soziale Auswirkungen hat. Mögliche Umsetzungsstrategien sind Energie- und Ressourceneffizienz bei der Verarbeitung von Lebensmitteln sowie Konsistenz- und Suffizienzmassnahmen. Mit diesen Strategien befasst sich die Fachstelle Nachhaltigkeit und Energie am Institut für Lebensmittel- und Getränkeinnovation der ZHAW im Rahmen verschiedener Forschungsprojekte. Auch Tools zur Nachhaltigkeitsbeurteilung und zur Sensibilisierung von Konsumentinnen und Konsumenten und von Produzenten werden an der Fachstelle entwickelt.

Nachhaltige Produktion ist wirtschaftlich lohnend

Hans Batzer, Mitglied der Geschäftsleitung der Ricola AG, zeigte auf, dass sich nachhaltige Produktion für eine Lebensmittel herstellende Firma auch ökonomisch auszahlt. Im Inland nachhaltig produzierte Produkte werden gerne gekauft. Das Geschäft von Ricola baut auf einer von der Besitzerfamilie getragenen, nachhaltigen Strategie auf, die Swissness, Kräuteranbau, Prozesse sowie Bauten umfasst. Der Sustainability Consultant Fabian Putzing nahm sich dem Trend der nichtfinanziellen Berichterstattung an und konnte zeigen, dass Nachhaltigkeitsberichte nachweislich zu Verbesserungen der ökologischen und sozialen Leistungen einer Organisation führen. Allerdings gibt es auch bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung grosse Qualitätsunterschiede.

Nachhaltige Rohwarenbeschaffung direkt vor Ort

Christoph Inauen von Chocolats Halba erklärte, warum eine nachhaltige Rohwarenbeschaffung direkt bei den Kakaobauern ansetzt. Nachhaltiges Rohwarensourcing ist an den internationalen Rohstoffbörsen kaum zu haben. Halba als Schweizer Produzent initiiert und unterhält Fairtrade- und Anbauprojekte vor Ort und sichert sich so nachhaltig den wichtigen Rohstoff Kakao. Die Mehrkosten eines fairen Preises und Investitionen bei den Produzenten zahlen sich für den Schweizer Hersteller aus. Claudio Beretta vom ETH-Institut für Environmental Engineering referierte zum Thema Food Waste und zeigte mit eindrücklichen Vergleichen, dass weggeworfene Lebensmittel nicht nur der Nahrungskette entzogen sind, sondern zusätzlich zu Ressourcenverschleiss und Klimawandel beitragen. Die Produktion von Lebensmitteln braucht oft mehr Prozessenergie als sie Nahrungsenergie liefert. Es ist auch nicht möglich, diese Aufwendungen durch Gewinnung von Energie aus Lebensmittelabfällen in der Biogasanlage zu kompensieren. Claudio Berettas Fazit: Der beste Klimaschutz, erst noch ohne Verzicht, ist Lebensmittelabfälle vermeiden.

Grosse Verschiebungen im Energiemix nötig

Martin Stettler vom Bundesamt für Energie erläuterte die Energiepolitik und die Energiestrategie 2050. Der Atomausstieg ist politisch beschlossen, jetzt gilt es, die Umsetzung an die Hand zu nehmen. Grosse Verschiebungen im Energiemix sind unumgänglich. Die Politik unterstützt diesen Prozess mit Programmen wie Lenkungsabgaben auf fossile Energie, wettbewerbliche Ausschreibungen nach entsprechenden Kriterien, Unterstützung der Energieforschung und Kampagnen. Jürg Buchli, Leiter der ZHAW-Fachstelle Nachhaltigkeit, schlug als Benchmark zur Beurteilung des Energiebedarfs von Produktionsprozessen den thermodynamischen Mindestenergieverbrauch eines Produktes vor. Zur Effizienzsteigerung von Prozessen gibt es viele Stellschrauben, die aufgrund von Energiebilanzen und -modellen festgelegt werden können. Ein nachhaltiges Energiemanagement optimiert den Betrieb von innen nach aussen, setzt  also in erster Priorität bei den Prozessen an und erst in zweiter bei der Optimierung durch Wärmerückgewinnung und Vernetzung mit anderen Prozessen. Dieter Gantenbein vom IBM Research Laboratory zeigte auf, dass in der intelligenten Vernetzung von Energielieferant und Verbraucher in der Industrie ein grosses Potenzial für den Ausgleich von Angebot und Nachfrage von Elektrizität besteht. Künftig muss nicht nur der Energieverbrauch, sondern auch der zeitliche Einsatz der Energie optimiert werden. Pufferkapazitäten von Kühl- und Tiefkühllagern können als Energiespeicher in einem sogenannten Smartgrid eingesetzt werden. Pascal Fotsch, CEO der Lemon Consult, erläuterte die Mechaniken von Lenkungsabgabe und CO2-Befreiung, beides wichtige Instrumente in der Energiepolitik des Bundes. Für die nächste Beurteilungsperiode bis 2020 hat der Bund die Energiesparlatte hoch angesetzt. Die Umsetzung erfolgt im bisherigen, bewährten System, die präsentierten Erfolgsstories von 30 Firmen der Lebensmittelindustrie machen Mut für die Zukunft.

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Medienmitteilung(PDF 57,5 KB)

Fachkontakt Medien

Dr. Jürg Buchli, Leiter   Fachstelle Nachhaltigkeit und Energie, Institut für Lebensmittel- und Getränkeinnovation, ZHAW in Wädenswil,
Telefon: 058 934 53 73, E-Mail:juerg.buchli@zhaw.ch

Medienstelle 
Cornelia Sidler, Kommunikation ZHAW-Departement Life Sciences und Facility Management, 
Tel. 058 934 53 66, E-Mail cornelia.sidler@zhaw.ch