Eingabe löschen

Kopfbereich

Hauptnavigation

Life Sciences und
Facility Management

Rasche Fortschritte mit 3D-Zellkulturmodellen tragen zu einer Zukunft ohne Tierversuche bei

3D-Zellkulturmodelle und mikrophysiologische Systeme sind heute nicht mehr aus der Pharma-, Medtech- und Kosmetikindustrie wegzudenken. Aktuelle Fortschritte der weltweiten Forschung – auch bei der Suche nach einer Therapie gegen Covid-19 – wurden an der Online-Fachtagung vom 22. Oktober 2020 präsentiert. Eingeladen hatte das ZHAW-Kompetenzzentrum «Tissue Engineering for Drug Development and Substance Testing», kurz TEDD genannt. Vor zehn Jahren war das Zentrum ein absoluter Pionier in der Schweizer Forschungslandschaft, und auch heute noch sind die TEDD-Forschenden und ihre Partner an vorderster Front dabei.

Die Industrie hat den Mehrwert von 3D-Zellkulturmodellen und mikrophysiologischen Systemen erkannt und möchte sie vermehrt einsetzen, um die Wirksamkeit und Sicherheit ihrer Produkte rasch, wirksam und kosteneffizient zu testen. ZHAW-Forschende des Instituts für Chemie und Biotechnologie in Wädenswil sind an vorderster Front dabei: Vor 10 Jahren baute Prof. Dr. Ursula Graf-Hausner mit der Firma InSphero das Kompetenzzentrum TEDD auf. Dr. Markus Rimann, der jetzige Leiter, wirkte von Anfang mit und führte in der Schweiz als einer der ersten das Bioprinting ein. Mittlerweile boomt der Forschungszweig weltweit.

Bessere Resultate und ethisch unbedenklich

Die Modelle reichen von sogenannten Mikrogeweben beispielsweise aus Leberzellen über Miniorgane (sog. Organoide) bis hin zu mikrophysiologischen Systemen und «Organs-on-a-Chip», die das Zusammenwirken verschiedener Organe nachbilden und somit systemische Effekte von Substanzen eruieren können. Im Vergleich zu Tierversuchen, die in der Pharma- und Medizintechnik-Industrie aufgrund regulatorischer und gesetzlicher Vorgaben immer noch stark verbreitet sind, haben 3D-Zellkulturmodelle zwei grosse Vorteile: Sie sind ethisch unbedenklich, weil Tieren kein Leid zugefügt wird, und sie erlauben oftmals exaktere Aussagen über die Wirkung einer Substanz, weil die Modelle aus menschlichen Zellen bestehen.

«Der Schritt von Mono-Layer-Zellkulturen zu dreidimensionalen Modellen hat die physiologische Relevanz der Gewebemodelle und damit ihren Nutzen für Industrie und Medizin massiv erhöht», sagt Markus Rimann. «Die Technologie wird momentan hauptsächlich in der Kosmetikindustrie erfolgreich angewandt, da hier gesetzliche Vorgaben in der EU und in der Schweiz Tierversuche verbieten. In naher Zukunft werden 3D-Zellkulturmodelle aber auch die Pharmaindustrie, Medizintechnik und die personalisierte Medizin einen grossen Schritt voranbringen.» Gerade in der Onkologie werden Medikamente, die genau auf die Patienten abgestimmt sind, immer wichtiger, und Zellkulturmodelle erlauben entsprechende effiziente Tests.

SARS-CoV-2 hat die Forschung und Entwicklung von mikrophysiologischen Systemen weiter beschleunigt

An der virtuell durchgeführten TEDD-Tagung vom 22. Oktober 2020 präsentierten führende Forschende aktuelle Fortschritte.

  • Key Note Speaker Dr. Uwe Marx ist Vorreiter bei der naturgetreuen Nachbildung menschlicher Organfunktionen («Multi-Organ-Chip») und berichtete über die neuesten Entwicklungen bei deren industriellen Anwendung und Regulierung.
  • Samuel Constant von der Schweizer Firma Epithelix präsentierte den Nutzen von 3D-Modellen aus Epithelzellen der Atemwege für die Erforschung des Coronavirus SARS-CoV-2.
  • Dr. Sebastien Mosser des Schweizer Unternehmens Neurix stellte zerebrale Organoide vor, die für Medikamententests eingesetzt werden.
  • Die spanische Forscherin Dr. Nuria Montserrat berichtete über Wege zur Differenzierung humaner Stammzellen, aus welchen zum Beispiel Nieren-Organoide hergestellt werden konnten.
  • Dr. Tina Bürki-Thurnherr der Empa zeigte neueste Ergebnisse aus ihrer Forschung zu Risiken von Nanomaterialien auf, welche biologische Schutzbarrieren passieren.
  • Dr. Jochen Kuehnl der Beiersdorf AG präsentierte Fallstudien zum chemischen Metabolismus mittels modernster mikrophysiologischer Systeme, die Haut- und Lebermodelle kombinieren.

Zum Abschluss betonte Markus Rimann die Bedeutung der weltweiten Zusammenarbeit angesichts der hohen Dynamik des Forschungszweigs: «Die Forschung entwickelt sich zurzeit rasant, auch dank der Erforschung von SARS-CoV-2. Als nächstes braucht es weitere Schritte zur Validierung, Standardisierung und Automatisierung der Methoden, was Voraussetzung für deren Zulassung und Verwendung in der Industrie ist. Doch eines ist klar: 3D-Zellkulturmodelle und mikrophysiologische Systeme sind Technologien der Zukunft, die ein enormes Potenzial haben. Die Technologien werden die problematischen Tierversuche immer stärker verdrängen und gerade in der Medizin grosse Fortschritte bringen, die uns allen zugutekommen.»

Download (Fotos © Amélie Benoist)

Fachkontakt Medien

  • Dr. Markus Rimann, Institut für Chemie und Biotechnologie, ZHAW-Departement Life Sciences und Facility Management, Wädenswil. 058 934 55 12, markus.rimann@zhaw.ch

Medienstelle ZHAW/Wädenswil

  • Cornelia Sidler, Media Relations ZHAW-Departement Life Sciences und Facility Management, Wädenswil. 058 934 53 66, cornelia.sidler@zhaw.ch