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ZHAW-Forschende entdecken neue Käferart

Bei Untersuchungen haben Forschende des Instituts für Umwelt und Natürliche Ressourcen der ZHAW eine neue Käferart finden können. Das Vorkommen dieses Laufkäfers (Trechus schyberosiae) ist weltweit auf die Schweizer Voralpen beschränkt.

ZHAW-Forschende entdecken neue Käferart
Trechus schyberosiae sp. nov., Holotypus, Habitus dorsal. Aquarellzeichnung von Peter Schüle Copyright Bild: Peter Schüle, aglia Graphik, Rosenstrasse. 9, D-71083 Herrenberg

Die neue Laufkäferart mit dem wissenschaftlichen Namen Trechus schyberosiae wurde an wenigen Stellen in den Kantonen NW, LU, OW und BE in felsigen Bereichen in Höhenlagen um 2000 Meter über Meer gefunden, unter anderem auch auf dem Pilatus. Weltweit ist das Vorkommen der Käferart auf die Schweizer Voralpen zwischen den Gebirgsstöcken des Pilatus und des Hohgant beschränkt.

Das Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen der ZHAW untersucht mit Unterstützung mehrerer Kantone sowie des Bundesamts für Umwelt BAFU seit zwei Jahren systematisch den nordalpinen Raum. Gesucht werden Tierarten und deren Lebensräume, die eine hohe Priorität für den Natur- und Artenschutz haben und meistens endemisch, das heisst nur in einem geographisch relativ eng begrenzten Gebiet, vorkommen. 
Ein solcher Endemit ist auch der neu entdeckte Laufkäfer, dessen Vorkommen eng mit den Prozessen der letzten Eiszeiten verknüpft ist. Der Laufkäfer Trechus schyberosiae konnte nur in vier Berggebieten gefunden werden, welche alle einen räumlich engen Bezug zu einer wahrscheinlichen eiszeitlichen Überdauerungszone im Napf-Gebiet und dessen Umland haben.
Der Käferfund kann von seiner Bedeutung her verglichen werden mit den bereits bekannten Endemiten der Nordschweiz, wie die Nidwaldner Haarschnecke oder die Schweizer Goldschrecke, eine Heuschreckenart aus dem Churfirstengebiet. Von den über 6500 in der Schweiz heimischen Käferarten sind lediglich etwa 20 als echte Schweizer Endemiten zu bezeichnen. Das bedeutet, diese Arten kommen weltweit nur in der Schweiz vor und hier auch nur an wenigen Einzelstandorten, in der Regel in Höhenlagen um 2000 Meter über Meer.

Nachtaktives Leben im Kühlschrank

Das Vorkommen von Trechus schyberosiae ist, wie einige andere vergleichbare kältetolerante Arten, an spezielle Lebensraumbedingungen geknüpft. Alle diese Arten leben in den schneereichen, oft schattigen Zonen der Nordflanken von Voralpengipfeln, wo der Schnee bis weit in den Sommer liegen bleiben kann. 
Diese oft schwierig zugänglichen Gebiete sind noch weitgehend unerforscht. Der Wissenschaftler muss hier nicht im angenehmen Sonnenhang suchen, sondern im «Kühlschrank» auf der Schattenseite, dort wo eiszeitliche Bedingungen herrschen. Das Finden einiger Arten ist oft zusätzlich erschwert, da sie nur nachts aus ihren Verstecken in den Felsspalten hervorkommen, um auf den Schneefeldern nach Nahrung zu suchen. Dass solche Arten von der Wissenschaft bisher wenig systematisch erfasst wurden, erstaunt deshalb nicht.

Zeitzeugen der eiszeitlichen Gebirgsfauna

Die neue Käferart Trechus schyberosiae ist als Relikt zu deuten und wahrscheinlich Zeitzeuge früherer Epochen der Erdgeschichte, während und vor den letzten Eiszeiten. Zur Entstehungs- und Blütezeit dieser Art muss die Artenvielfalt im Alpenraum bedeutend vielfältiger gewesen sein. Die wechselhaften Be-dingungen für die Gebirgsfauna der Alpen während den letzten Eis- und zwischenzeitlichen Warmzeiten liess wohl die meisten Arten aussterben. Man geht heute davon aus, dass viele dieser Gebirgsarten mit dem Wachsen der Gletscher ins Gletschervorland in die Tallagen verdrängt wurden. Nur wenige Arten, wie etwa die neue Käferart, dürften dort die Kaltzeiten überlebt und danach – entlang dem sich zurück-ziehenden Gletscher – den Weg zurück in die heutige Gebirgslage gefunden haben.

Endemiten – bedroht oder nicht?

Die Bedrohungslage der meisten Endemiten ist gemäss dem heutigen Kenntnisstand schwierig einzuschätzen. Einige Lebensräume von Reliktpopulationen sind nur wenige hundert Quadratmeter gross. Da durchaus noch einige bisher unerkannte Arten zum Vorschein kommen könnten, ist es sogar möglich, dass Arten unerkannt bereits ausgestorben sind, weil deren Lebensraum nicht als bedeutungsvoll erkannt und durch Bauten im Hochgebirge oder Pistenplanierungen zerstört wurde. Viele Lebensräume von Endemiten dürften allerdings nicht akut gefährdet sein, da es sich oft um klimatische Ungunstlagen mit geringem touristischem Potenzial handelt. 
Fest steht, dass man noch zu wenig weiss über diese sehr versteckt lebenden Arten sowie über deren Populationsgrössen und Lebensraumansprüche. Die damit zusammenhängenden Forschungsarbeiten sollen deshalb in den nächsten Jahren fortgesetzt werden – nicht zuletzt, weil die Schweiz für die Erfassung und den Schutz dieser Arten auch eine internationale Verantwortung trägt. Stirbt sie aus, ist die jeweilige Art für immer von der Erde verschwunden. 

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Medienmitteilung(PDF 53,7 KB)

Fachartikel(PDF 609,3 KB)

Kontakt

Dr. Stephan Brenneisen, Projektleiter, ZHAW Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen, 
Telefon 079 326 06 70, E-Mail stephan.brenneisen@zhaw.ch

Dr. Alexander Szallies, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, ZHAW Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen, Telefon 079 326 06 70, E-Mail alexander.szallies@zhaw.ch

Medienstelle

ZHAW Corporate Communications, Franziska Egli Signer, 
Telefon 058 934 75 81, E-Mail franziska.egli@zhaw.ch