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Life Sciences und
Facility Management

Unternehmerische Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor

Im April 2022 startet der foodward-CAS-Lehrgang «Food Responsibility» mit dem Modul «Nachhaltigkeit im Unternehmen. Im Interview erzählt Thomas Bratschi, Modulverantwortlicher, was ein erfolgreiches Nachhaltigkeitsmanagement wirklich bringt und wie Unternehmen davon profitieren können.

1. Herr Bratschi, Sie koordinieren das Modul «Nachhaltigkeit im Unternehmen» und sind zudem in der Programmleitung. Was erwartet die Teilnehmenden dieses Moduls?

Das Modul gehört seit Beginn zu den Grundpfeilern dieses Studiengangs. Die Studierenden lernen und erarbeiten darin, wie man in Unternehmen in der Food-Branche ein nachhaltiges Managementsystem etablieren und am Laufen halten kann. Für manche ist das bereits gelebte Unternehmensrealität – zum Beispiel für diejenigen, die bei einem der beiden grossen Schweizer Detailhandelsunternehmen mit den orangen Buchstaben arbeiten. Andere wiederum, die in KMU tätig sind, sind mit diesem Thema häufig noch nicht so vertraut. In der Auseinandersetzung mit den Themen einer nachhaltigen Unternehmensführung und in den immer spannenden Diskussionen im Unterricht zeigt sich dann aber oft, dass gerade KMU im Food-Bereich häufig bereits sehr nachhaltig wirtschaften, dies aber nicht sehr systematisch tun und auch nicht professionell darüber kommunizieren. Wir können in diesem Modul Anstösse geben, dass sich daran etwas ändert, denn häufig kehren Studierende zurück in ihre Betriebe und machen dort konkrete Verbesserungsvorschläge.

 

2. Was sind klassische Hindernisse eines erfolgreichen Nachhaltigkeitsmanagement in einem Unternehmen?

Gerade bei den KMU fehlt es häufig am Wissen, was ein erfolgreiches Nachhaltigkeitsmanagement wirklich bringt. Klar, wenn man über Energieeinsparungen spricht oder über Abfallvermeidung, dann liegen nicht nur die ökologischen, sondern auch die ökonomischen Vorteile eines sorgsamen Umgangs mit diesen Ressourcen auf der Hand. Doch selbst hierbei werden häufig nur die einfachen Strategien gewählt und umgesetzt. So gibt es zum Beispiel in etlichen Gastronomiebetrieben Konzepte zur Abfallvermeidung. Diese fokussieren aber primär auf die Vermeidung von Food Waste und sind häufig weit entfernt von einer integrierten Zero-Waste-Strategie. Und selbst wenn es eine solche gibt, ist diese selten eingebettet in eine übergeordnete Strategie, mit der das gesamte Unternehmen systematisch und gezielt zu einem nachhaltigeren Handeln geführt wird. Dazu braucht es dann eben mehr wie zum Beispiel eine Materialitätsanalyse, bei der herausgefunden wird, in welchen Bereichen ein Unternehmen die grössten Beiträge zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele leisten kann, und eine Nachhaltigkeitsstrategie, die alle relevanten Handlungsfelder integriert.

 

3. Wie können Unternehmen durch ein erfolgreiches Nachhaltigkeitsmanagement profitieren?

Das kommt ganz darauf an, wie gross ein Unternehmen ist, in welcher Branche es agiert und unter welchen Rahmenbedingungen es wirtschaftet. Doch aus verschiedenen Studien und aus zahlreichen Erfahrungen aus der Praxis zeigt sich, dass es einige immer wiederkehrende Vorteile gibt, die man als nachhaltig wirtschaftendes Unternehmen nutzen kann. So führen nicht nur die gerade von mir angesprochenen Überlegungen zur Steigerung der Ressourceneffizienz zu Einsparungen. Das Betrachten von Produkten und Prozessen mit einer «Nachhaltigkeitsbrille» auf der Nase führt auch häufig zu Optimierungen, die sich zumindest mittelfristig auch ökonomisch auswirken. Wer hätte vor Jahren zum Beispiel gedacht, dass Bio-Limonaden einmal «hip» würden und den etablierten Getränkeherstellern Marktanteile abjagen würden? Aber auch mit Blick auf Reputationsgewinne und die Etablierung als eine attraktivere Arbeitgeberin können Firmen punkten, die sich verantwortlich und nachhaltig ausrichten. Und dann ist da nicht zuletzt im B-to-B- Bereich noch der Markt, der einen «Pull-Effekt» erzeugt, indem zum Beispiel Detailhandelsunternehmen nachhaltigere Produkte von nachweislich nachhaltig wirtschaftenden Zulieferbetrieben fordern oder Spitäler oder Mensen in Hochschulen bei Ausschreibungen von den Anbietenden wissen wollen, ob sie ihre Betriebe an Nachhaltigkeitskriterien ausrichten und z.B. anständige Löhne zahlen und ein Umweltmanagementsystem haben.

 

4. Wie steht die Schweiz im Vergleich zum Ausland da? Sind viele unserer Unternehmen schon auf Nachhaltigkeit ausgerichtet oder hinken wir hinterher?

Auch bei diesem Punkt muss man unterscheiden, von welchen Unternehmen man spricht. So gelten die beiden grossen Schweizer Detailhandelsunternehmen weltweit zu den Spitzenreitern in ihrer Branche, was das Nachhaltigkeitsmanagement betrifft. Dass sie bisweilen nicht in einem Ranking auftauchen, ist dem Umstand geschuldet, dass sie als Genossenschaften organisiert sind, ihre Pendants im Ausland hingegen als teilweise börsennotierte Grossunternehmen. Auch andere grosse Unternehmen in der Food-Branche haben einiges vorzuweisen, was Nachhaltigkeit betrifft – angefangen von einer klaren Vision über mehr oder minder ambitionierte Nachhaltigkeitsziele bis hin zu einer veritablen Nachhaltigkeitsberichterstattung. Betrachtet man aber die Unternehmen aus der Gruppe der KMU, trifft man selten auf solche, die in Sachen Nachhaltigkeit Vorbilder sind. Menu and more aus Zürich oder Biotta aus Tägerwilen zählen zum Beispiel dazu. Wir sind stolz darauf, dass wir für unser Modul Vertreterinnen und Vertreter dieser Art von Unternehmen als Praxisreferierende gewinnen konnten. Ihre Einblicke und Erkenntnisse sind Gold wert und zeigen den Studierenden, was möglich ist, wenn ein Unternehmen nachhaltig wirtschaftet.

 

5. Hemmt uns die Pandemie in der Nachhaltigkeit oder bringt sie uns neuen Schwung?

Diese Frage ist ungeheuer schwierig zu beantworten. Es kommt wesentlich darauf an, welche Erkenntnisse Unternehmen aus der Pandemie ableiten werden. Streng genommen müssten sie eigentlich daraus gelernt haben und zum Beispiel künftig stärker darauf achten, sich nicht zu sehr von globalen Lieferketten abhängig zu machen, sondern die heimische Landwirtschaft und lokalen Zulieferbetrieben zu stärken. Auch könnten sie daraus gelernt haben, dass sie mit einem nachhaltigen Wirtschaften einen grösseren Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung leisten könnten, was wiederum einen Einfluss auf den Umgang des Menschen mit der Natur und den darin lebenden Tieren hat. Denn es wird als sehr wahrscheinlich angenommen, dass die Häufigkeit und Bedrohlichkeit von Pandemien künftig wesentlich davon abhängen wird, wie weit der Mensch in Naturräume vorstösst und diese zerstört. Doch ob Unternehmen in ihrer alltäglichen Arbeit an solche teilweise recht komplexen Zusammenhänge denken, sich dafür mitverantwortlich fühlen und dann auch noch zur Auffassung gelangen, dass sie zu Lösung dieser Probleme etwas beitragen können, ist fraglich. Letztlich genügt es aber, wenn sie erkennen, dass ein modernes Unternehmen in der Food-Branche heute nicht mehr legitim und erfolgreich wirtschaften kann, wenn es sich nicht um mehr Nachhaltigkeit bemüht.

 

Das Modul «Food Responsibility» umfasst 6 Unterrichtstage. Es startet am 28. April 2022.