Blendwirkung von PV-Anlagen
Beim Bau von PV-Anlagen in Siedlungsgebieten wird oft die Nachbarschaft beeinträchtigt. Anwohner befürchten, dass die Anlage die Sonne reflektiert und störend wirkt. Um dies zu beurteilen, hat die Forschungsgruppe Erneuerbare Energien ein Tool zur Berechnung der Blendwirkung anhand von 3D-Gebäudemodellen entwickelt.
Als die St. Gallisch-Appenzellische Kraftwerke AG (SAK) den Bau eines Rechenzentrums plante, sollte ein möglichst grosser Anteil der für den Betrieb benötigten Energie mit Solarpanels gewonnen werden. Entsprechend war vorgesehen, nebst dem Dach auch die Fassade des Gebäudes mit Panels einzukleiden. Ein Anlieger, in dessen Gebäude sowohl gearbeitet als auch gewohnt wird, äusserte die Befürchtung, dass die Panels die Sonne reflektieren und die Nutzung seines Gebäudes beeinträchtigen könnten. Dass die bereits vorhandene Photovoltaikanlage auf dem Nordostdach der nahen Käserei an vielen Nachmittagen zu Blendungen führt, gab dem Argument zusätzliches Gewicht.
Software-Tool ermöglicht 3D-Modellierung
Um die Reflexionen geplanter Photovoltaikanlagen zu untersuchen, hat die Forschungsgruppe Erneuerbare Energien ein Tool entwickelt, das über ein Jahr hinweg den Sonnenstand und die daraus resultierenden möglichen Reflexionen berechnet. Bei der Anwendung im oben erwähnten Fall wurden in einem ersten Schritt die verschiedenen Gebäude im 3D-Programm SketchUp nachgebaut (Abb. 1). Gebäude 1 ist das geplante Rechenzentrum der SAK. Die auf der Abbildung nicht sichtbaren Nordost- und Nordwestfassaden sollen vollständig mit Solarpanels bedeckt werden. Gebäude 2 ist das Fabrik- beziehungsweise Wohngebäude des besorgten Anliegers und Gebäude 3 ist die Käserei, auf deren Nordostdach eine Solaranlage installiert ist, welche die Nutzer im Gebäude 2 zu gewissen Zeiten blendet.
Maximale theoretische Blendwirkung
Die Software berechnet für jede Viertelstunde des Jahres den Sonnenstand und prüft, welche Panels besonnt werden. Von diesen Panels wird die Reflexion auf der Paneloberfläche berechnet und bestimmt, ob sie auf eine Fläche des Gebäudes 2 trifft. In einem letzten Schritt wird beurteilt, ob die Reflexion durch die Umgebung verhindert wird, d.h. ob sich ein anderes Gebäude oder sonstige Hindernisse zwischen Panel und Gebäude 2 befinden. Ist dies nicht der Fall, erfährt die entsprechende Gebäudefläche (eingeteilt in 0.5 m2 grosse Rechtecke, um die Situation möglichst genau abzubilden) zu dieser Viertelstunde Blendwirkung. Das Resultat der Berechnungen zeigt Abbildung 2, welche die jährliche Zeit einer theoretischen Blendwirkung farblich darstellt. Die angegebenen Stunden stellen eine Obergrenze dar, da die Berechnungen die maximale Blendwirkung ermitteln und daher auf der maximal möglichen Sonnenscheindauer pro Tag beruhen. Wolken werden in der Regel für solche Abklärungen – auch wenn dies mit der Software möglich wäre – nicht berücksichtigt.
Datenauswertung bringt Klärung
Im untersuchten Fall hat sich gezeigt, dass die Bewohnenden des Gebäudes (in den obersten Stockwerken) durch das geplante Rechenzentrum nicht beeinträchtigt werden. Im Erdgeschoss ist während maximal 80 Stunden pro Jahr eine Blendwirkung möglich. Eine genauere Analyse der Zeiten (Abb. 4) zeigt, dass die Reflexionen jedoch vor allem an Randzeiten, d.h. ausserhalb der üblichen Arbeitszeiten (grau gestrichelt dargestellt), auftreten. Das geplante Rechenzentrum soll zwischen der bestehenden Käserei und dem Anlieger erstellt werden. Daher wurde mit derselben Software untersucht, ob und wie stark das neue Rechenzentrum die heute vorhandene Blendung durch die PV-Anlage auf dem Dach der Käserei reduziert. Es hat sich gezeigt, dass das Rechenzentrum die bereits bestehende Blendwirkung auf die Bewohnenden des Gebäudes 2 in den oberen Stockwerken während rund 30 Stunden im Jahr verhindert (Abb. 3). Die verhinderten Reflexionen fallen zudem auf die Nachmittage, wenn die Bewohnenden meist zu Hause sind. Insgesamt hat die Studie ergeben, dass der geplante Bau trotz der Solarpanels an der Fassade die Situation des Anliegers in Gebäude 2 verbessert. Der Anlieger hat daher auf eine Einsprache verzichtet und die Baueingabe konnte erfolgreich abgewickelt werden.