Wie bewegen sich grosse Menschenmengen bei einer Evakuierung? ZHAW-Forscher entwickeln Software für Simulation von Bewegungsströmen
In einem länderübergreifenden INTERREG-Projekt haben die Fachhochschulen ZHAW, HTWG (Deutschland, Konstanz) und FHV (Österreich, Dornbirn) ein Software-Tool entwickelt, das Bewegungsströme von Menschen simulieren kann. Die Forschenden der ZHAW arbeiten aktuell daran, das Tool so weiterzuentwickeln, dass es Simulationen schneller als Echtzeit erstellen kann und somit für Crowd-Management eingesetzt werden kann.
Das Software-Tool mit dem Namen Flowculate wurde im Rahmen des EU-INTERREG-Projekts eFlow unter den Eindrücken der Corona-Pandemie entwickelt. Ziel ist es, die Dynamik und Bewegung von Personenströmen sowie die damit verbundene Infektionsgefahr zu simulieren. «Das Tool kann beispielsweise bei Evakuierungsmassnahmen eingesetzt werden», erklärt David Bernhardsgrütter, der zusammen mit Matthias Schmid vom ZHAW-Institute of Computational Physics (ICP) sowohl am Projekt eFlow als auch an dessen Nachfolgeprojekt beteiligt ist.
Beliebig skalierbar für Personenströme jeder Grösse
Das INTERREG-Projekt wurde 2023 mit der Entwicklung der Software erfolgreich abgeschlossen. Im Nachfolgeprojekt PInG soll Flowculate nun (u.a. dahingehend) weiterentwickelt werden, sodass Simulationen in Zukunft schneller als Echtzeit erstellt werden können. Die ZHAW ist hier als assoziierter Partner beteiligt. Parallel dazu arbeiten David Bernhardsgrütter und Matthias Schmid im Rahmen eines internen ZHAW-Projekts an einer eigenen, optimierten Software. Eine daran angegliederte Bachelorarbeit untersucht Bewegungsprofile von sich kreuzenden Personengruppen mit unterschiedlichen Zielen.
«Unser Tool richtet sich vor allem an Veranstalter grosser Events, da es beliebig skalierbar ist. Es kann für Menschenmengen jeder Grösse eingesetzt werden, da nicht das Verhalten einzelner Personen simuliert wird, sondern die Personendichte», erläutern die ZHAW-Forschenden. Das bedeutet: Ob es sich um zehn oder hunderttausende Personen handelt, spielt für das Tool keine Rolle. Dies ist ein entscheidender Vorteil gegenüber den etablierten agentenbasierten Modellen, die jeder Person individuelle Eigenschaften und Handlungspläne zuweisen.
Einsatzmöglichkeiten bei Grossveranstaltungen und mehr
Das Tool könnte insbesondere bei der Planung und Optimierung von Veranstaltungsgeländen, bei Massenaufläufen oder Grossdemonstrationen zum Einsatz kommen. Beispielsweise könnten Erkenntnisse aus den Simulationen bei der Platzierung von Foodständen oder Sanitäreinrichtungen berücksichtigt werden. Auf diese Weise lassen sich potenzielle Kapazitätsengpässe frühzeitig erkennen. In einem nächsten Schritt wäre es sogar möglich, die Simulationsresultate zur dynamischen Steuerung von Besucherströmen zu verwenden.
Weitere Praxispartner zu Testzwecken gesucht
«Im Rahmen des INTERREG-Projekts hatten wir ein Museum als Praxispartner. Für unser weiterentwickeltes Tool fehlt uns ein solcher Partner bisher», erklärt David Bernhardsgrütter. Die Forschenden sind daher auf der Suche nach realen Einsatzmöglichkeiten und geeigneten Praxispartnern, um die Software weiter zu testen und zu optimieren.
Weitere Informationen
David Bernhardsgrütter, ZHAW School of Engineering, Institute of Computational Physics, Telefon +41 (0) 58 934 49 96, E-Mail david.bernhardsgruetter@zhaw.ch
Dr. Matthias Schmid, ZHAW School of Engineering, Institute of Computational Physics, Telefon +41 (0) 58 934 75 48, matthias.schmid@zhaw.ch
David Bäuerle, ZHAW School of Engineering, Marketing und Kommunikation, Telefon +41 (0) 58 934 68 61, david.baeuerle@zhaw.ch