Wie Energiesparen auf die Rechnung kommt
Die Stromrechnung könnte genutzt werden, um Konsumentinnen und Konsumenten für einen sparsameren Umgang mit Energie zu sensibilisieren. Dazu haben ZHAW-Forschende zusammen mit drei weiteren Schweizer Fachhochschulen neue Darstellungsideen für die Abrechnung entwickelt. Diese ermöglichen es, den eigenen Verbrauch mit jenem der anderen Haushalte auf einen Blick zu vergleichen.
Bei 84 Prozent der Schweizer Stromkunden liefert die Stromrechnung heute keine Vergleichsmöglichkeit. Aber zwei Drittel von ihnen wünschen sich eine solche und wären bereit, den eigenen Verbrauch zu reduzieren, wenn dieser über dem Durchschnitt liegt. Zu diesem Ergebnis gelangen die Forschenden auf der Grundlage einer nicht repräsentativen Online-Umfrage bei gut 1000 Stromkonsumentinnen und -konsumenten. Es bestehe ein «grosser Graben» zwischen dem, was die Kunden wollen und was die Stromversorger mit ihren Rechnungen tatsächlich liefern, schreiben die Forschenden im Schlussbericht des Projekts IMPROVE.
Vergleich mit anderen Haushalten
Wie Stromrechnungen gestaltet sein müssten, damit sie dem Wunsch der Konsumenten entsprechen, zeigen die Forschenden unter Einbezug von Best-Practice-Beispielen aus dem Ausland. Sie haben konkrete Vorschläge erarbeitet, in welcher Form ein Feedback zum Stromverbrauch an die Konsumenten vermittelt werden könnte. Gestützt auf die Rückmeldungen von Stromkunden und Energieversorgern sehen die Forschenden bei folgender Variante die grösste Akzeptanz: Ein Säulendiagramm setzt den eigenen Verbrauch in Bezug zu einem Durchschnittshaushalt sowie zu einer Gruppe mit tiefem Verbrauch (siehe Abbildung). Zugleich geben zwei Zeitreihen Auskunft über die Entwicklung des Verbrauchs in den letzten zwölf Monaten und in der entsprechenden Vorjahresperiode. Hinzu kommen zwei Prozentwerte – der eine zeigt die Veränderung des eigenen Konsums gegenüber dem Vorjahr, der andere den Vergleich zum Durchschnittsverbrauch.
Vergleich muss nachvollziehbar sein
Vergleiche auf Stromrechnungen haben allerdings ihre Tücken. Für einen fairen Vergleich muss man den eigenen Verbrauch nämlich mit einem «ähnlichen » Haushalt vergleichen. Doch was ist «ähnlich»? Gleiche Bewohnerzahl? Gleiche Wohnfläche? Gleiche Ausstattung mit Haushaltsgeräten? Gleiches Berufs- und Freizeitverhalten? «Letztlich wird der Vergleich mit ‚ähnlichen‘ Haushalten immer eine Annäherung sein», sagt Vicente Carabias-Hütter vom ZHAW-Institut für Nachhaltige Entwicklung. «Entscheidend ist, dass der Vergleich nachvollziehbar ist. Vergleiche werden vom Stromkunden als umso relevanter eingestuft, desto näher ihm die Vergleichsgruppe ist.»
Konkrete Umsetzung ungewiss
Für die Umsetzung der Vorschläge aus der Wissenschaft sind letztlich die Energieversorgungsunternehmen zuständig. Diese stossen heute allerdings noch an technische Grenzen, wollen sie aussagekräftige Vergleichsdaten bereitstellen. Da Smart Meter noch wenig verbreitet sind, fehlen zumeist detaillierte Verbrauchsdaten. «Und von Seiten der Kunden gibt es keinen Druck», sagt Vicente Carabias-Hütter. «Denn solange die Stromkosten einen so geringen Anteil am Haushaltsbudget haben wie heute, ist für die Konsumentinnen und Konsumenten die Vergleichsmöglichkeit ohnehin nur ‚nice to have‘». So gehen die Forschenden davon aus, dass erst steigende Stromkosten oder ein liberalisierter Strommarkt neue Impulse für die Gestaltung der Stromrechnungen setzen werden.
Über das Projekt IMPROVE
Am Projekt IMPROVE beteiligten sich neben der ZHAW School of Engineering die Fachhochschule der italienischen Schweiz SUPSI, die Fachhochschule für Ingenieurwesen und Verwaltung HEIG-VD und die Fachhochschule Nordwestschweiz. In die Begleitgruppe waren Vertreter mehrerer Energieversorgungsunternehmen miteingebunden. Die Untersuchung wurde vom Bundesamt für Energie finanziell unterstützt.