Bachelorarbeit: Angebotskonzept für eine tangentiale Bahnverbindung Basel – Winterthur
Neue Ideen braucht der Bahnverkehr
Nicht jede Eisenbahnlinie muss unbedingt über den Zürcher Hauptbahnhof führen, finden Stefan Angliker und Patrick Helg. In ihrer Bachelorarbeit im Studiengang Verkehrssysteme schlagen sie deshalb eine neue Linie zwischen Basel und Winterthur vor, die den Zürcher HB und die aktuellen Linien durch das Mittelland entlasten könnte.
Der Schweizer Eisenbahnverkehr steht vor einigen grossen Herausforderungen. Eine davon ist die hohe Auslastung bestimmter Bahnhöfe und Strecken, die stetig weiter zunimmt. So wäre es dringend nötig, einige Netzknoten und deren Zulaufstrecken in Zukunft zu entlasten. Stefan Angliker und Patrick Helg, Absolventen des Studiengangs Verkehrssysteme, wissen, dass dafür unkonventionelle Vorschläge gefragt sind. Als sie vor einiger Zeit von der Idee hörten, die Verbindung zwischen Winterthur und Basel nicht nur über den Zürcher Hauptbahnhof, sondern als Alternative über Bülach und Koblenz zu führen, wollten sie es genauer wissen. Wäre diese Verbindung machbar? Wie müsste sie genau aussehen? Würde sie auch genutzt und könnte sie den HB Zürich tatsächlich entlasten?
Bis zu 70 Prozent weniger Fahrzeit
Die von Stefan Angliker und Patrick Helg für diese Strecke ausgearbeitete Bestvariante schlägt eine InterRegio-Linie von Basel über Stein-Säckingen, Koblenz und Bülach nach Winterthur vor. «Dies ist die ausgewogenste Variante», sagt Stefan Angliker. «Wir decken damit ein verhältnismässig grosses Nachfragepotenzial ab und die Kosten dafür wären nicht übermässig hoch.» Konkret schätzen die beiden, dass rund 20 Millionen Franken in diesen Ausbau investiert werden müssten. Der Zug – bezeichnet als IR 38 – würde ab dem Jahr 2035 einmal stündlich fahren und an diversen Orten halten. Dabei könnte sich die Fahrzeit für die Reisenden auf der Strecke um bis zu 73 Prozent verkürzen. «Wir sind der Meinung, dass dies ein Anreiz sein könnte, statt des Autos den Zug zu wählen», sagt Patrick Helg. «Und zwar nicht nur für den Arbeitsweg, sondern auch für den Freizeitverkehr.»
«Unsere Arbeit soll auch eine Anregung dazu sein, aus bestehenden Denkmustern auszubrechen.»
Patrick Helg
Prognosen sind schwierig
Aktuell scheint die Nachfrage der Fahrgäste zwischen Winterthur und Basel entlang dieser Strecke zwar nicht sehr gross zu sein, räumen die beiden Absolventen ein. Mit den Prognoseverfahren, die sie anwenden konnten, fällt der Entlastungseffekt für den HB Zürich und seine Zulaufstrecken darum tief aus. Prognosen seien aber grundsätzlich mit Vorsicht zu geniessen und die Daten, die ihnen zur Verfügung standen, seien leider nicht ganz vollständig, sagen die beiden. Sie mussten darum einige Annahmen treffen. «Es ist ausserdem schwierig abzuschätzen, wie viele Menschen auf den Zug umsteigen und je nachdem sogar ihre Arbeits- und Wohnorte entsprechend wählen, wenn ein Angebot erst einmal vorhanden ist», sagt Stefan Angliker. Er und Patrick Helg sehen durchaus eine grosse Chance in der Möglichkeit, eine Verkehrsverlagerung auf den ÖV zu erreichen und glauben, dass der Entlastungseffekt auch signifikanter ausfallen könnte.
Aus bestehenden Denkmustern ausbrechen
Die Schätzungen, sowohl was die Effekte angeht als auch in Bezug auf die Kosten, könnten weiter präzisiert werden, sind die Absolventen überzeugt. «Wir verstehen unseren Vorschlag für die neue Linie vor allem als einen Diskussionsbeitrag», sagt Stefan Angliker. Dies nicht zuletzt im Kontext der aktuellen Klimadiskussion. «Wir möchten dazu anregen, sich Gedanken zu machen, wie man die Menschen motivieren könnte, vermehrt die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen.» Ausserdem, ergänzt Patrick Helg, müsse nicht jede Linie über den Zürcher Hauptbahnhof führen, man sollte offen sein und Alternativen prüfen. «Unsere Arbeit soll auch eine Anregung dazu sein, aus bestehenden Denkmustern auszubrechen.»
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